Leben, Tod, Karma (Samskaras) und Reinkarnation

Vergänglichkeit ist ein Gesetz der Natur. Doch Vergänglichkeit ist nicht gleichbedeutend mit vollständigem Verschwinden - die Dinge ändern lediglich ihren Zustand. Im Tod löst sich der Körper auf, d.h. er zerfällt in chemische Bausteine. Und der menschliche Geist, die Seele? Auch sie ist mit dem Tod nicht einfach “verschwunden” - auch sie ändert ihren Seinszustand. Wohin geht sie? Und warum sollte sie in einem neuen Körper wiedergeboren werden?

"Kraft erzeugt Gegenkraft"
(3. Newtonsches Axiom)

Nach dem Gesetz der Natur folgt auf jede Aktion eine Reaktion. Dies gilt auch in der psychischen Welt. Alles, was wir tun, wird in einem bestimmten Teil unseres Unterbewusstseins gespeichert. Dadurch entsteht eine innere Unruhe, eine Veränderung des Normalzustands. Der menschliche Organismus strebt nach Ausgleich dieser Verzerrungen. Dieser Ausgleich geschieht durch das, was wir erleben - Gutes und Schlechtes. Durch unser eigenes Schicksal, durch das Karma, erfahren wir die Reaktionen auf unsere vergangenen Handlungen. Diese potentiellen Reaktionen heißen Samskaras.

Gepäck für viele Leben:
der Kreislauf der Wiedergeburten

Die Samskaras sind wie Saatkörner, die mit einer gewissen Verzögerung aufgehen. Selten wird ein Unrecht oder eine Wohltat sofort ausgeglichen. Laufend kommen neue Samskaras hinzu, denn wir begehen ständig neue Handlungen. So reicht die Spanne eines Lebens nicht aus um alle Samskaras zu tilgen, um die Reaktionen aller Handlungen zu erleben. Wenn sich im Tode die Geist-Seele im Sanskrit Atman genannt, vom Körper trennt, nimmt sie ihre Samskaras mit sich. Sie geht in einen Raum jenseits der menschlichen Wahrnehmung. Ohne Körper ist die Geist-Seele nicht in der Lage, etwas zu tun oder zu erleben. Sie hat keine Sinnesorgane und keine Handlungsorgane.

Erst wenn sie wieder einen passenden menschlichen Organismus findet, kann der Prozess der Selbstverwirklichung von Neuem beginnen. Sie wartet auf den Augenblick, in dem durch die Befruchtung einer Eizelle exakt die Bedingungen entstehen, die der eigenen Samskara- Struktur entsprechen. Die Wiedergeburt erfolgt am geeigneten Ort, unter adäquaten kulturellen und ökonomischen Bedingungen und bei den Eltern, von denen sich die Geist-Seele angezogen fühlt. Deren Gene entsprechen den persönlichen Gegebenheiten, so dass die Entwicklung des neuen Menschen auf der Basis der ererbten Struktur zu einer angemessenen inneren und äußeren Form führt. Die Erinnerung an das vergangene Leben und die Inkarnationen davor ist nicht mehr vorhanden - so wie man sich etwa auch der meisten Träume nicht erinnert. Aber die mitgebrachten Samskaras lagern in einem Teil des Unterbewusstseins, dem kausalen Bewusstsein. Kausal bedeutet "ursächlich", denn die Samskaras sind die Ursache für Form, Charakter und Ausdrucksweisen, für Antriebe, Wünsche und Ängste des Menschen.

Spirituelle Praxis - das Paket aufschnüren

Spirituelle Praxis eröffnet zwei Perspektiven: zum einen, Reaktionen auf neue Handlungen zu vermeiden. Zu diesem Zweck lehrte Anandamurtijii Meditationstechniken, die uns helfen, das Universale Bewusstsein in allen Handlungen zu sehen, so die Fixierung auf die eigene Person aufzulösen und dadurch persönliche Reaktionen zu verhindern. Zum andern möchte der spirituelle Schüler aber auch seine alten Samskaras loswerden, um sich spirituell weiter entwickeln zu können. Hierbei kann er nicht auf eine Form des Sündenerlasses hoffen - jeder Mensch muss sich seinen Samskaras, seinem Karma stellen; jeder Mensch ist für seine Taten, Gedanken und Gefühle allein verantwortlich! Was passiert nun in der Meditation? Das tief verborgene, normalerweise gut verschlossene (verdrängte) kausale Bewußtsein wird geöffnet. Wir sprechen davon, dass Samskaras, die Saatkörner oder potenziellen Reaktionen auf vergangene Handlungen, reifen. Als Folge hiervon erfahren wir viele intensive sowohl angenehme als auch unangenehme Erlebnisse. Dies ist die Vorraussetzung dafür, dass das Bewusstsein wieder in seinen Normalzustand, der Ruhe zurückkehrt.

In dem Maße, wie die Samskaras abnehmen, entwickelt sich ein inneres Glücksgefühl, denn der strahlende Glanz des reinen Bewusstseins, das verborgen in jedem Menschen liegt, kann immer freier zu Tage treten.